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 am: April 26, 2008, 06:32:07 pm 
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der Film "Das Netz" wird nochmal am 22.05.08 um 23.35 Uhr im Rundfunk Berlin-Brandenburg ausgestrahlt
http://www.rbb-online.de/_/filmzeit/beitrag_jsp/key=7353980.html

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 am: April 26, 2008, 11:39:10 am 
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28. April 2006, 20 Uhr, Kino Metropolis in der Reihe „Psyche im Film“ -
Lutz Dammbeck: „Das Netz“
Vortrag von Dr. Dr. med et phil Hinderk M. Emrich.
Medizinische Hochschule Hannover, Leiter der Bereiche Klinische Psychiatrie
und Psychotherapie
 

Das Netz als realisierte Fiktionalität –
zum Film „Das Netz“ von Lutz Dammbeck

Motto: Eine Wirklichkeit, die es nicht gibt, muss man nicht schützen.

In dem Film von Lutz Dammbeck „Das Netz“ begegnen wir einerseits einer ganz ungewöhnlichen und extremen und sicherlich auch sehr problematischen, nicht ungefährlichen Ausnahme-Persönlichkeit, dem Mathematiker Prof. Dr. Ted Kaczynski, zum anderen einem Themen-Syndrom, einer Zusammenballung von Gegenwartsfragen, die unser Leben derzeit überformen und bestimmen und die unsere Zukunft als nicht gerade einfach erscheinen lassen.
Ted Kaczynski ist eine Art übersteigerter „Kümmerer“, jemand, der sich überintensiv gekümmert und bekümmert hat. Ich beziehe diesen Begriff „Kümmerer“ von einem psychiatrischen Gutachten-Fall, einem Pädagogen, den ich vor einigen Jahren für einen Strafprozess vor dem Landgericht München begutachtet habe. Dieser Proband, der sich „Kümmerer“ nannte, versuchte, einen Fernsehsender mit Drohbriefen zu erpressen, bestimmte geschmacklose und Menschen beschämende Sendungen einzustellen. Kaczynski ging weiter als der „Kümmerer“ aus Deutschland. Er hat Bomben verschickt, die Menschen töteten oder verletzten, um ein unübersehbares Signal zu setzen und die Veröffentlichung seines „Manifesto“ zu erzwingen. Dieses Manifest, das dann tatsächlich später in der Presse erschien und zu seiner Enttarnung durch seinen eigenen Bruder führte, ist eine radikale Kulturkritik unserer Gegenwarts-Wissenschaften; dies speziell im Hinblick auf Medien, Computer, Konstruktivismus, Macht des Kapitals, Entfremdung des Menschen, LSD-Experimente etc.
Aus dieser völlig ungelösten Problemlage hat Lutz Dammbeck einen sehr spannenden Dokumentarfilm gemacht: „Das Netz“. Das, was das „Netz“ beschreibt, ist eine Wirklichkeit, in der durch das Zusammenwirken von Computer-Medialität, Medien-Realität, Konstruktivismus-Theorie und Hirnforschung, die es gestattet Psyche zu konstruieren und zu manipulieren, eine Welt entsteht, die völlig beherrschbar ist und die darum uns so genau beherrscht, dass Subjekte darin ortlos werden, sich zurückziehen müssen, in die Einsamkeit emigrieren müssen. Dabei zentriert sich der Film um die Ausnahme-Persönlichkeit Ted Kaczynski.

Nach den Vorstellungen und Konzepten der Kulturanthropologen sind Menschen wirklichkeitsschaffende Wesen, und der Prozess der Kulturbildung ist eine „Poiesis“, ein Schaffensprozess, der mit ständigen Überformungen etablierter Lebensformen einhergeht. Dabei geht dieses kulturell wirklichkeitsschaffende Prinzip in uns aus von den natürlich vorgefundenen Lebensbedingungen und Daseinsformen. Hegel spricht in seinem Hauptwerk „Phänomenologie des Geistes“, das ja diesen Prozess der Bewusstseinsbildung im Verlauf der Werdeprozesse von Kultur zu beschreiben versucht, von dem „natürlichen Bewusstsein“ aus, das sich jeweils neu in dialektischen Sprüngen selbst übersteigt und einholt und je neu „aufhebt“. In der Gegenwartssituation ist nun ein Entwicklungsschritt unserer technisch durchherrschten Wirklichkeit aufgetaucht, der von uns so erlebt werden kann, wie wenn das „natürliche Bewusstsein“ nicht mehr nur je neu ausmodelliert und differenziert wird, sondern dass vielmehr stattdessen eine Art künstliches kollektives Antibewusstsein aufsteht, das als eine Art maschinengemachte zweite Wirklichkeit, als eine Art „Gegenwirklichkeit“, autonom wird, Herrschaftsfunktionen übernimmt und unseren Kulturprozess zu kontrollieren und in die Hand zu nehmen in der Lage ist. Diese Eigendynamik eines Komplexes aus Computertechnologie, Kognitionspsychologie, Biologie und Medientechnologie scheint eine Entwicklung in Gang zu setzen, die an Goethes „Zauberlehrling“ erinnert, der die Mächte, die er rief, nun nicht mehr loswerden kann.

Die Frage, wieso es in der Wirklichkeit, in der wir leben, eine zweite, eigendynamische, künstliche, technisch erzeugte Wirklichkeit geben kann, ist nicht ganz leicht zu beantworten und hat mit dem Problem der Konstruktivität des Geistes zu tun. In dem Film von Lutz Dammbeck „Das Netz“ spricht der Physiker, Technologe und konstruktivistische Philosoph Heinz von Förster den Satz aus: „Aber wo ist Realität, wo haben Sie die?“. Dies getreu der Vorstellung des radikalen Konstruktivismus, dass Realität als solche überhaupt nicht existiert, sondern letztlich illusionär ist, d.h. dass wir grundsätzlich immer Realität erst in uns konstruieren und nicht etwa mit einer präexistenten Realität in Kontakt treten und diese in uns aufnehmen können. Eine philosophische Gegenposition des intuitiv uns näheren Realismus finden wir beispielsweise in der philosophischen Lyrik von Rainer Maria Rilke, der im Rahmen seiner Dichtungsphase der „Dinggedichte“ den Satz schrieb: „Jedes Ding hat seine Würde“. Dass Wirklichkeit nicht einfach da ist, sondern – zumindest in ihrer Ausgestaltung, ihrer spezifischen Verfasstheit – auf konstruktivistischen Elementen der Verfasstheit unseres Geistes beruht, hat bereits Immanuel Kant in seinem Hauptwerk „Kritik der reinen Vernunft“ dargestellt. Die Frage aber ist, wie wir mit der uns innewohnenden Konstruktivität des Geistes in der Anwendung von Kategorien auf Wirklichkeitselemente, auf Sinnesdaten umgehen. In der Konzeption, die Dammbeck in seinem Film „Das Netz“ vertritt, ist es so, dass unsere Gegenwartskultur dabei ist, der natürlich gegebenen Wirklichkeit nicht etwa lediglich neue kulturelle Formen überzustülpen, sondern eine zweite und zwar eine dominierende technologische Eigenwirklichkeit mit Herrschaftsanspruch entgegenzustellen, die den bisherigen Naturprozess aushebelt. Hegel sprach von „Entfremdung“. Heute wäre ein neues Wort notwendig, um die Eigentümlichkeit der kombinierten Wirkung von Künstlichkeit, Bewusstseinsveränderung, Fiktionalität, Datenmacht und Herrschaftsanspruch des Technischen über das natürlich Vorgefundene deutlich zu machen, etwa „Entwirklichkung“.

Der Film „Das Netz“ geht den historischen und wissenschaftlich/ideengeschichtlichen und technologischen Entwicklungsprozessen nach, die zu dem Konglomerat der zweiten Wirklichkeit geführt haben, die beispielsweise die Gebrüder Wachowski in ihrem Film „Matrix“ als Maschinenherrschaft kognitiver Apparate beschrieben haben. Letztlich geht es um künstlichen Geist, Geist, der in Partikeln entsteht, sich zusammenballt und als unsteuerbare Macht in Vernetzungsstrukturen ubiquitär tätig werden und so wie bei E.T.A. Hoffmann „Die Elixiere des Teufels“ aus der Flasche ausbrechen kann und menschliche Subjekte in seine Gewalt bringt. Insofern geht es auch um eine Theorie der mephistophelischen Wissenschaften, wie Goethe sie mit seinem Begriff des „Veloziferischen“ (vgl. das Buch von Herrn von Osten) in seinem Faust II beschrieb und die der große Medientheoretiker Vilem Flusser in seinem Buch „Die Geschichte des Teufels“ in folgender Weise darstellte: „Wenn es dem Menschen gelingen sollte, den ganzen Kosmos der Sinne in Symbole zu dehydrieren und wieder zurückzuschleudern, dann wäre die Wirklichkeit zurückerobert. Es gäbe dann keinen Bruch mehr zwischen Symbol und Phänomen. Die ganze Welt wäre symbolisch und sinnlich zugleich, sie wäre eine Schöpfung des menschlichen Geistes und in diesem Sinne wirklich. ... Hier also sitzt der menschliche Geist und verschlingt die Natur und verdaut sie und scheidet sie wieder aus und türmt das Ausgeschiedene um sich herum und verbirgt sich dahinter. Als Folge hiervon ist die Welt in zwei Teile zerfallen. Auf der einen Seite brodelt der Brei der Natur, in den sich der menschliche Geist sukzessive hineinißt. Auf der anderen Seite türmen sich die eroberten Instrumente. ... Darum ist die natürliche Welt nicht eigentlich wirklich.“

Nach Flusser werden wir durch die selbsterschaffene zweite Wirklichkeit, eine Art „Turm von Babylon“ (also auch nicht ganz neu), nicht reicher, sondern ärmer, denn es wird uns das subjekteigene Fluidum, das Wasser entzogen. Die Phänomene werden nicht angereichert, sondern abgereichert, sie werden ausgetrocknet. D.h. wir müssen lernen, die zweite Wirklichkeit zu desillusionieren und dürfen ihr nicht verfallen. Wir müssen lernen, die zweite Wirklichkeit uns zum Partner zu machen, sie zu domestizieren. Die Bedeutung und Tragik des Physikers Kaczynski lag darin, dass er in der Spaltung seiner Persönlichkeit, die mit Schizophrenie sicherlich nichts zu tun hatte, auf der einen Seite, wie in seinem „Manifesto“ dargestellt, hellsichtig die Gefahren der technologischen zweiten Wirklichkeit erkannte, andererseits aber keinen anderen Weg sah, als Menschen, die mit dieser Entwicklung zu tun hatten, zu bombardieren, zu beschädigen oder sogar zu töten.

Hinderk M. Emrich



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 am: April 11, 2008, 05:26:16 pm 
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Im Raum Frankfurt/Main gibt es Gelegenheit, den Film
nochmal im Kino auf der Leinwand zu sehen, am
 
24. April 2008 - 20:00 Uhr Filmmuseum Frankfurt/Main
im Anschluß Gespräch und Diskussion

im Rahmen der Veranstaltung "Frankfurter Positionen", in diesem Jahr mit dem Thema
"Leben er?nden – Über die Optimierung von Mensch und Natur“, an dem sich 14 Frankfurter Kultureinrichtungen beteiligen.
"Das Netz" ist Teil einer Filmreihe, die für die "Frankfurter Positionen"von der Filmzeitschrift Revolver kuratiert wurde.
siehe auch http://www.frankfurterpositionen.de/film_1.html
http://www.frankfurterpositionen.de/thema_1.html

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 am: März 28, 2008, 08:08:42 pm 
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13.April 2008, um 00:00 Uhr - ARTE
22.April 2008. um 03:00 (bizarr! als Loop bis zum nächsten Mittag? - ARTE

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 am: März 20, 2008, 10:12:04 am 
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Rainer Fischbach

Marx-Maschine? Murksmaschine!
 
Der Persönliche Fabrikator verspricht Produzenten-Emanzipation - und ist nichts als elitärer Konsumismus

Im Freitag 9/2008 stellte Niels Boeing in seinem Beitrag "Die Marx-Maschine" einen Produktionsansatz vor, von dem die Erfinder glauben, er könnte die kapitalistische Produktionsweise "ohne Revolution" umkrempeln. Der technologiegestützte "Personal Fabricator" verspricht, Hand- und Kopfarbeit zu versöhnen und dem Produzenten wieder die Kontrolle über die Produktion zu geben. Das "Fab Lab", mancherorts schon in Erprobung, orientiere sich an den lokalen Bedürfnissen, bediene regionale Märkte und entziehe sich damit dem Zugriff der großen Kapitale. Doch die "industrielle Produktion für Jedermann" fordert auch Widerspruch heraus.

Selbstbestimmte Produktion", Tätigkeit "jenseits der Lohnarbeit", "Produktionsmittel in der Hand der Produzenten" - welches wahrhaft links pochende Herz schlägt bei solchen Parolen nicht noch etwas höher. Niels Boeing stellt uns ihre Verwirklichung in Aussicht, doch nicht als Ergebnis einer politischen, sondern einer technischen Revolution.

 Nachhilfe in Sachen technischer Neuerungen ist willkommen, zumal wenn sie von einem kompetenten Wissenschaftsjournalisten kommt. Was zu Widerspruch herausfordert, sind jedoch die Erwartungen einer sozialen Revolution, die Boeing mit den von ihm skizzierten technologischen Innovationen verknüpft. Ihr gemeinsamer Nenner ist die Tendenz, Kleinserien und selbst Einzelstücke herzustellen, die von computerbasierten Entwürfen ausgehen. Ein wesentlicher Impuls dazu kam aus dem Modellbau, wo aus feinen Düsen aufgespritztes und mittels Laser schnell gehärtetes Kunstharz Formen nach dreidimensionalen digitalen Modellen rationell herzustellen erlaubt, die in herkömmlicher Technik nicht oder nur mit großen Aufwand realisierbar waren. Die Maschinen, die solches leisten, unterliegen in jüngster Zeit - dank Marktausweitung und verbesserter Produktionstechnik - einem ähnlichen Preisverfall wie andere High-Tech-Geräte. Erwartungen, die sich an nanotechnische Verfahren knüpfen, liegen dagegen noch in weiterer Ferne.

Falsche Analogien

 Boeing versucht, die Tragweite der von ihm vorgestellten Technologie durch Analogien zur PC-Welt herzustellen und fällt dabei populären Fehleinschätzungen zum Opfer: "So wie der Personal Computer die Informationsverarbeitung aus industriellen Rechenzentren auf den heimischen Schreibtisch holte, soll der ›Personal Fabricator‹ die industrielle Produktion für jedermann ermöglichen". Das ist der von falschen Voraussetzungen ausgehende Schlüsselsatz seiner Argumentation. Vielmehr schließt der PC den heimischen wie den Büroschreibtisch an die industriellen Rechenzentren an. Er ersetzt nicht, sondern ergänzt diese, die heute noch mächtiger sind denn jemals zuvor. Die entscheidenden Anwendungen und die dazugehörenden Datenbestände, beispielsweise die Systeme des so genannten Enterprise Resource Planning (ERP) und des Product Lifecycle Management (PLM) wie SAP und TeamCenter, sind dort zentralisiert, und selbst unsere private persönliche Informationsverarbeitung hängt entscheidend von zentralisierten Ressourcen ab. Google betreibt einige der größten Rechenzentren.

 Fraglich ist aber nicht nur, welche Veränderungen in der Wirtschaft ursächlich auf PC und Internet zurückzuführen sind, sondern mehr noch, ob die "digitale Bohème", die Boeing als "neue Klasse" identifiziert, die Veränderungen tatsächlich "maßgeblich prägt". Das hört sich mehr wie ein unfrommer Wunsch an. Wer mit den globalen Wertschöpfungsketten, die es übrigens schon vor hundert und mehr Jahren ohne PC und Internet gab, etwas vertraut ist, mag daran ebenso Zweifel anmelden wie andere im Freitag präsente Stimmen daran, ob das "Jenseits der Lohnarbeit", das Boeing in der Existenz jener Bohème wahrnimmt, wirklich in Richtung fortschreitender Emanzipation geht.

 Niels Boeing führt eine Reihe von Projekten an, die die neue Technologie in Dienst nehmen und Dinge hervorbringen, die in seiner Erzählung emanzipatorisch erscheinen. Doch mit etwas schwarzer Phantasie kann man sich vorstellen, dass der persönliche Fabrikator auf unsere Artefaktwelt einen ähnlichen Effekt hat wie seinerzeit das Desktop Publishing auf die Typographie: Ein noch schneller anschwellender Haufen von Plunder, der noch schneller als Müll endet.

 Revolution der Bedürfnisse

 Persönliche Fabrikation ohne Emanzipation, ohne eine Revolution der Bedürfnisse, die sich am Maßstab einer humanen Zukunft orientiert, hört sich eher nach einem beschleunigten Marsch in die Barbarei an. Ein massenhafter Einsatz solcher Technik wäre auch daran zu messen, welche Auswirkungen er auf den menschlichen Stoffwechsel mit der Natur und insbesondere das Ziel hätte, diesen in einer Weise zu gestalten, die über ein bloßes Überleben der Menschheit hinaus sogar ein gutes Leben der Menschen ermöglichte

 Die Erwartungen, die sich in der Bezeichnung "Marx-Maschine" für den persönlichen Fabrikator ausdrücken, ignorieren ein wesentliches Moment sozialistischer Hoffnungen: Dass Produktion gesellschaftliche Produktion ist, die sich erst nach Sprengung der kapitalistischen Verhältnisse zum Nutzen aller Menschen voll entfalten werde. Die heutige Artefaktwelt ist nicht das Äußerste, was vorstellbar ist.

 Doch ihre Entstehung und erst recht die Hervorbringung funktional adäquater, qualitativ hochwertiger, langlebiger und Ressourcen schonender Produkte bedarf der institutionell akkumulierten Erfahrung von Generationen von Nutzern, Arbeitern, Entwicklern und Forschern. Das spezifische Prozess-, Produkt- und Anwendungswissen, das dazu gehört, ist nicht auf allgemeines wissenschaftliches Wissen reduzierbar und auch durch Computer-Aided Design (CAD) nicht ersetzbar.

 Der "Generell Intellect", um jenen von Boeing nicht explizit bemühten Terminus aus den Grundrissen anzusprechen, auf den sich die Projektion utopischer Hoffnungen in den Prozess der technologischen Innovation immer wieder stützt, ist, anders als Marx es erwartete, eben keine "unmittelbare Produktivkraft", sondern bedarf einer Vermittlung mit der Praxis. Mit dem persönlichen Fabrikator verbindet sich die Vorstellung einer privatistischen Unmittelbarkeit, die schon unsere heutige Warenwelt höchstens scheinbar befriedigt, geschweige denn dass sie in einer auf humane Ziele orientierten künftigen Produktion einzulösen wäre.

 Das Spektrum der Produkte, die der in Frage stehenden Technologie zugänglich sind, ist ohnehin beschränkt. Im Zentrum einer Umgestaltung des menschlichen Stoffwechsels mit der Natur, die sich ein humanes Überleben der Menschheit zum Ziel setzt, müssten Verfahren und Artefakte stehen, deren Schnittmenge mit dem obigen bescheiden ausfallen dürfte: Es müsste um Nahrung, Kleidung, Wohnung und Bildung für die Menschheit gehen, um Lebensweisen, Siedlungs- und Infrastrukturen, die mit dem genannten Ziel vereinbar sind. Ausgerechnet die am weitreichendsten der sozialistischen Ziele bei unverändert kapitalistischen Verkehrsformen auf der Basis einer unter diesen Bedingungen gebildeten Individualität verwirklichen zu wollen, heißt nichts anderes als Geburtshilfe zu leisten für neue Formen eines zunächst elitären und dann zu massenhaften Formen mutierenden Konsumismus.

 Man kauft sich Individualität, indem man einen persönlichen Fabrikator erwirbt. Der selbstreplizierende persönliche Fabrikator entspricht dem Wunsch, etwas dem Leben ähnliches zu schaffen oder doch wenigstens zu besitzen. Die spannende Frage ist, was außer Kopien seiner selbst er noch hervorzubringen vermag. Die Vorstellung jedenfalls, dass in einer Gesellschaft, in der Profit das dominierende Motiv bildet, ein solches Gerät einfach verschenkt werde oder dass es etwas produzierte, ohne dass wenigstens eine Lizenzgebühr abfiele, grenzt ans Phantastische. An dieser Stelle wäre eine andere Analogie zur Entwicklung von PC und Internet zu bemühen: Deren Pioniere glaubten auch einmal, dass die zur Befreiung der Information und der Individualität führen würden. Stattdessen haben wir ein neues Massenmedium und den Machtkampf der diversen Kontroll- und Verwertungsinteressen bekommen.

 Die Bewegung für den persönlichen Fabrikator wäre nicht die erste Subkultur, die sich, von der Künstlerkritik am Kapitalismus inspiriert, die unmittelbare individuelle Verwirklichung der äußersten emanzipatorischen Ziele hier und jetzt zum Ziel gesetzt hätte, um am Ende in eine modische Form des Konsumismus zu münden. Der persönliche Fabrikator ist als Konzept keine Marx-, sondern eine Romantikmaschine und wird sich eher als Murksmaschine herausstellen. So beklagens- und überwindenswert die Spaltung zwischen planender und ausführender Arbeit auch ist, wird ihr Ende nicht von einer zauberhaften Maschine zu erwarten sein.

 Ihm näher kann uns höchstens eine sich ihrer als solche bewusst werdende gesellschaftliche Produktion bringen. Und Massenproduktion ist auch keinesfalls das Übel, das es um jeden Preis durch Einzelfertigung zu ersetzen gälte, sondern oft einfach nur rational, Ressourcen schonend und selbst emanzipativ. Dabei ist die Massenproduktion keinesfalls und besonders in Deutschland, dem Land der Spezialmaschinen- und Anlagenbauer, nicht so verbreitet wie das Vorurteil über sie.

 Gerade die dringenden Aufgaben eines umgestalteten Stoffwechsels mit der Natur verlangen eine intelligente Verbindung von Einzel- bzw. Kleinserien- und Massenfertigung. In deren Kontext mögen die von Boeing angesprochenen Technologien durchaus ihren Platz finden. Als Selbstläufer zur Emanzipation taugen sie jedenfalls nicht.

Quelle: http://www.freitag.de/2008/12/08121801.php

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 am: Februar 23, 2008, 06:08:52 pm 
Begonnen von admin - Letzter Beitrag von admin
"Does the Future Need Us?" Quiz
http://www.calstatela.edu/faculty/lgarret/102/q-joy.htm

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 am: Februar 23, 2008, 06:05:18 pm 
Begonnen von admin - Letzter Beitrag von admin
Heute fiel mir auf dass die FAZ wieder mal einen Clienten von John Brockman
featert, Ray Kurzweil. Erstaunlich, wie regelmäßig dieser science-fiction-Quark
neu angesetzt und umgerührt wird.
Today attracted my attention that the FAZ again featered one of John Brockmans clients, Ray Kurzweil.
Amazing that his science-jabberwocky continually will be stirred up.

22.Februar 2008: Im Gespräch: Ray Kurzweil
Werden wir ewig leben, Mister Kurzweil?
Von Tobias Hülswitt
http://www.faz.net/s/Rub4521147CD87A4D9390DA8578416FA2EC/Doc~E96424579BA874A3AA3EE364C34618742~ATpl~Ecommon~Scontent.html



Hier noch einige andere interessante Links zum Thema:

How much do we need to know? by  Bill Joy
http://www.kurzweilai.net/meme/frame.html?main=memelist.html?m=2%23596

Dangerous Futures
http://www.kurzweilai.net/meme/frame.html?main=memelist.html?m=%23596

Ray Kurzweil: Zwischen Verheißung und Risiko
http://www.wz.nrw.de/magazin/artikel.asp?nr=360&ausgabe=2001/1&titel=Zwischen%5EVerhei?ung%5Eund%5ERisiko&magname=Lebensqualit

Letter from Mark Trueblood to Ray Kurzweil dated January 2, 2003
http://www.winer.org/cons_mark_3.html

 78 
 am: Januar 02, 2008, 12:13:23 pm 
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"Nur sehr eingeschränkt auch lässt sich das US-amerikanische DVD-Verleihgeschäft auf Deutschland übertragen. In einem so viel dichter besiedelten Land ist der Wunsch, sich den Gang zur Videothek zu ersparen, weit weniger ausgeprägt. Nur darin liegt ja der Vorteil der "digitalen Ausleihe".

Und Filme ohne Verfallsdatum herunterzuladen, ist ebenfalls wenig sinnvoll: Will man damit die stets zu kleine Festplatte verstopfen? Und überhaupt: Wer sieht schon gern Filme auf Computern oder Telefonen? Und Selbstgebranntes verfällt ja nach allgemeiner Einschätzung in ein paar Jahren zu Datenmüll. Da kauft man doch lieber eine DVD.

Ganz unabhängig von derartigen Markt-Spekulationen verändert sich freilich derweil die Filmkultur durch das Internet. In kürzester Zeit haben sich Tauschbörsen zu Fundgruben für Seltenes und nahezu Verschollenes entwickelt. Filmhistoriker, die früher nach dem Hörensagen urteilten und die Sehfehler ihrer Ahnen abschrieben, haben ein Werkzeug in der Hand, sich selbst ein Urteil zu bilden. Als das Trickfilm-Festival von Annecy zum Beispiel einen mustergültigen Kanon der hundert wichtigsten Animationsfilme seit 1895 erstellte, fanden sich vier Fünftel davon bald darauf - ordentlich gebündelt - im Netz. Die meisten davon sind nie auf DVD erschienen, einige so rar, dass sie selbst Experten ein Geheimnis blieben. Und das Kabinettstückchen-Portal Youtube entwickelt sich gerade im Kunst- und Avantgardebereich zu einem wahren Dorado.

Welche Mühen mussten Kunstgeschichtsstudenten noch vor wenigen Jahren auf sich nehmen, um wichtige Werke der Videokunst sichten zu können? In vielen Fällen reicht es heute aus, den Titel in ein Fensterchen zu tippen. Besonders dem Kurzfilm kommt die plötzliche Übersicht ungemein zu Gute. Und was für ein Ansporn für die professionellen Filmvermittler: Längst vorbei sind die Zeiten, als kein Filmstudent mehr etwas mit den Worten "Caligari", "Ruttmann" oder "Fischinger" anzufangen wusste. Wer heute Film lehrt, kann sich nicht mehr darauf zurückziehen, etwas Seltenes zu kennen und ab und zu weihevoll ein Schatzkästlein zu öffnen. Oder Filmtheorie zu vermitteln, die nur für einen kleinen Klassiker-Kanon funktioniert. Endlich erfüllt sich auch in der visuellen Kultur der Traum weitgehender Verfügbarkeit. Studenten können seltene Filmclips so lässig in ihre Referate zaubern wie man früher Kunstgeschichts-Dias aus der Tasche zog.

Lange bevor die Filmindustrie etwas mit dem Internet anzufangen weiß, hat die Filmgeschichte davon Besitz ergriffen. Und das Schönste: Verkaufen ließe sich fast nichts davon. Sonst wären die Filme ja nicht zu einer Seltenheit geworden.

zitiert aus: Der virtuelle Apfel zum Einheitspreis
Im Internet blüht die Filmgeschichte
VON DANIEL KOTHENSCHULTE

http://www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/feuilleton/?sid=ac3f419840c45ed80ddcac77f019b526&em_cnt=1265515






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 am: Januar 01, 2008, 04:09:30 pm 
Begonnen von admin - Letzter Beitrag von admin
„Was für ein kurzer Zeitraum ist vergangen seit dem Triumphalismus des Westens in den neunziger Jahren.
Nun sind die ganzen Widersprüche zurückgekehrt, die ökonomischen Widersprüche, die Krisenanfälligkeit, die Brutalität
in der Durchsetzung überkommener Modelle. Nicht nur die neo-liberale Wirtschaftstheorie, auch die Militärpolitik, die sie betreiben. Das ist eine heftige Entzauberung der kapitalistischen Macht, und das wird in der Bevölkerung schon wahrgenommen. Ich denke, dass das Brachiale in dem neuen Anlauf, die RAF-Geschichte in Fälschungen und Dämonisierungen zu ertränken, sie zwanghaft zu verkleiden zum Kriminalfall, Auskunft gibt über den Stand der bürgerlichen Herrschaft. Die alte Ordnung steht schon grundsätzlicher in Frage. Und natürlich müssen dann Menschen,
die um eine Öffnung in die Zukunft kämpfen, auch in ihren Impulsen, ihren Motiven und ihren Absichten restlos aus jeder Vorstellung und aus jeder Diskussion ausgelöscht werden. Das ist eine Erscheinung, die nicht am Anfang der bürgerlichen Epoche steht, sondern an ihrem Ende.“

zitiert aus: Im Gespräch. Das ehemalige RAF-Mitglied Christian Klar,
in: Freitag 51/52 vom 21.Dezember 2007


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 am: Dezember 10, 2007, 10:38:36 pm 
Begonnen von @ - Letzter Beitrag von @
Ich muss sagen seit ich die reportage damals auf ARTE gesehen habe lässt mich die metaphysik der ideen nicht mehr in ruhe.
Ich glaube es ist eine dieser gedankengänge die, wenn man sie erst einmal durchdacht hat nicht mehr rückgängig zu machen sind. Ich kann mir gut vorstellen, dass die existenz dieser homepage beim autor ähnliche spuren hinerlassen hat.

Im laufe dieser verdrehtheit meiner gedankengänge bin ich in den letzten wochen im internet über die kleinen "manifestos" der zuletzt bekannt gewordenen jugendlichen selbstmord attentäter gestossen.

Meine frage ist ob es sonst niemandem aufgefallen ist wie sehr diese Unabombers grundidee ähneln?
Es ist gerade die kritik an der "ziviliserten" gesellschaft die in den berichten über diese jugendlichen in den hintergrund geraten.
Dennoch sind sie es die sich wie ein roter faden durch die attentate ziehen.

Ist es angst oder ist es angst oder ist es vorwand die die medien davon abhalten sich mit sich selbst und der gesellschaft die sie abbilden ernsthaft zu beschäftigen? Ist es vielleicht die unmöglichkeit ein system aus ihm heraus zu beschreiben?

(Der derzeitige zustnad unserer gesellschaft macht es mir leider unmöglich zitate aus den genannten texten hier zu veröffentlichen aber ich bin mir sicher, dass ein interessierter google benutzter diese finden wird.)

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